Traunsteiner G’schichten : Tosha, Mascha und Margosha dürfen bleiben ♥️♥️♥️
Es war kalt an diesem Dienstag Ende Januar und der Wind wehte unangenehm um das Gebäude des Landgerichts in Traunstein. Gegen halb neun, eine halbe Stunde vor dem geplanten Prozessbeginn, passierten der Vorstand des KatzenTRaums, begleitet von einigen Zeugen, den Eingang und machten sich auf die Suche nach dem richtigen Verhandlungsraum. Eine "Klage auf Herausgabe" sollte heute verhandelt und damit eine für alle KatzenTRäumer sehr belastende Geschichte nach fast einem Jahr zumindest vorläufig geklärt werden.
Ein kurzer Rückblick: Im März vergangenen Jahres, kurz nach Ausbruch des Ukraine-Krieges, bekam unsere Angelika Kenntnis von einem Transport mit circa 30 Katzen aus einem privaten Tierheim bei Kiew, der von zwei Frauen begleitet wurde. Nach Rücksprache mit dem Vorstand entschied man, wenn nötig, unbürokratisch und schnell zu helfen. Nach tagelangem Transport trafen die Tiere spät abends in München ein. Zwei ältere, kranke Katzen fanden sofort, einige andere später eine neue Heimat im KatzenTRaum. Soweit, glaubten wir, wäre nun alles okay. Die Katzen wurden den Tierärzten vorgestellt, offenbar waren sie in einem schlechten, manche sogar verwahrlosten Zustand.
Wenig später begann dann der Ärger! Die beiden Damen aus der Ukraine konnten sich an keine Abmachung mit uns erinnern und begannen, den Verein zu terrorisieren. Sie wollten ihre uns übereigneten Katzen zurück und scheuten vor keiner Drohung oder Beleidigung zurück: Unser Gnadenhof wurde als "Konzentrationslager" bezeichnet in dem ihre Katzen für Tierversuche missbraucht und "ermordet" würden. Eine Rückgabe kam für uns aber nicht in Frage,da die Katzen offenbar sehr schlecht gehalten wurden und wir als Tierschützer deshalb in der Verantwortung standen.
So kam es zu entsprechenden Strafanzeigen gegen uns. Die Klägerinnen, Mutter und Tochter, wollten die Katzen zurück, außerdem stand eine fünstellige Summe an Behandlungskosten im Raum, die im Falle der Herausgabe der Katzen irgendwie erstattet werden müsste. Mittlerweile mussten drei der Katzen aus gesundheitlichen Gründen eingeschläfert werden, sie erlagen alle - trotz unserer aufopfernden Pflege - ihren schweren gesundheitlichen Leiden.
Zurück nach Traunstein.
Nachdem aus organisatorischen Gründen der Gerichtssaal zweimal gewechselt wurde, konnte die dem Verfahren vorgeschaltete Güteverhandlung eröffnet werden. Der Anwalt der Klägerinnen musste wegen Erkrankung von einem Kollegen vertreten werden, den Beklagten, also den KatzenTRaum e.V. vertrat unser 2. Vorstand, Rechtsanwalt Werner Heim sowie der gesamte Vorstand.
Schon nach kurzer Zeit wurde immer klarer, dass die von unserer Schriftführerin Tanja Pollach an die Katzenträumer verteilten Glückskäfer gar nicht nötig gewesen wären, denn die beiden ukrainischen Damen versuchten mit Geschrei, Beleidigungen und Polemik ihr Recht durchzusetzen, eine nicht gerade erfolgsversprechende Herangehensweise. Ihr Anwalt kapitulierte relativ früh , ihm war offenbar schnell klar, dass mit diesem Auftreten nichts zu gewinnen war.
RA Heim machte in der Güteverhandlung dann folgendes Angebot: Die drei noch lebenden Katzen verbleiben im Besitz des Katzentraums, die Klägerinnen erhalten einen Geldbetrag von 1.500,00 €, dazu übernimmt der KatzenTRaum sämtliche bereits angelaufenen Arzt- und Pflegekosten für die Tiere. Sowohl Richter, wie auch der Anwalt der Klägerinnen, zeigten sich von diesem Angebot positiv überrascht und rieten dringend zu einer Annahme. Die beiden Damen lehnten aber sofort entrüstet ab, für sie kam eine Einigung nicht infrage. Damit war klar, es musste in einer sich anschließenden Hauptverhandlung ein streitiges Urteil gesprochen werden. Dazu waren immerhin 12 Zeugen und eine Dolmetscherin geladen worden.
So wurde nun in die Beweisaufnahme eingetreten. Die erste Zeugin,Yulia, war in Form einer Videokonferenz zugeschaltet. Schon zu Beginn der Befragung kam es zu tumultartigen Szenen, denn eine der beiden Klägerinnen fertigte mit ihrem iPad ein Foto der Zeugin am Bildschirm an. Dies wurde aber bemerkt und vom Richter sofort unterbunden, das Foto musste unter Aufsicht ihres Rechtsanwalts seitens der Klägerin sofort gelöscht werden.
Die Zeugin gab an, sie kümmere sich freiwillig um Flüchtlinge aus dem Kriegsgebiet. In dem Zusammenhang habe sie auf Facebook zur Aufnahme der 30 Katzen aufgerufen. Sie sei in ständigem Kontakt mit den Klägerinnen gestanden und es sei klar abgesprochen gewesen, dass es sich nicht nur um eine zeitweise Unterbringung, sondern um eine dauerhafte Bleibe für die uns übergebenen Tiere handeln sollte. Dies ginge auch schon daraus hervor, dass die Klägerinnen die Absicht äußerten, sich später in Italien eine Wohnung kaufen zu wollen und eine Mitnahme der Katzen nicht infrage käme.Sie sei auch bei der Verteilung der Katzen in München dabei gewesen.
Zwei Katzen seien hier an Angelika Au mit den Impfausweisen übergeben worden, ein Teil der Katzen sei sodann an private Familien übergeben worden. Mehrere Tiere seien in eine Katzenpension nach Penzberg gebracht worden. Nach einigen Tagen sei die Zeugin von den Klägerinnen angerufen worden, da ihnen der Platz in Penzberg nicht gefallen habe. Sie baten die Zeugin, die Katzen aus Penzberg an den KatzenTRaum zu übergeben, da sich die Klägerinnen zwischenzeitlich in Polen befanden. Bis Ende Mai sei dann alles in Ordnung gewesen. Dann sei zwischen den Klägerinnen und dem KatzenTRaum ein Streit entstanden. Ab da sei auch sie von den Klägerinnen beleidigt und bedroht worden. Sie habe mittlerweile 25 Seiten mit Beleidigungen und Bedrohungen gesammelt, eine Anzeige erstattet und eine Unterlassungsklage veranlasst. Es sei von Anfang an auch klar gewesen, dass die Katzen dauerhaft an den KatzenTRaum übergeben werden sollten.
Die Vernehmung der Zeugin wurde immer wieder lautstark von den beiden Klägerinnen unterbrochen. Dabei kam es auch zu heftigen Wortgefechten mit dem Richter und dem eigenen Anwalt. Dieser versuchte den beiden Klägerinnen klar zu machen, dass durch dieses Verhalten sogar ein Abbruch der Verhandlung möglich wäre. Spätestens ab hier war klar, dass die ehemalige Meisterin der Ukraine im Eiskunstlauf sich hier vor Gericht auf einem sehr dünnen Eis bewegte!
Als nächster Zeuge trat der Amtstierarzt des Veterinäramtes vor den Richter. Die Klägerinnen hatten sich nämlich an das bayerische Innenministerium und an das Bundesministerium der Gesundheit in Berlin gewandt, so dass schließlich die Bayrische Staatsregierung eine Überprüfung des KatzenTRaums seitens der Polizei aus Brannenburg und seitens des Veterinäramtes aus Rosenheim veranlasste. Der Tierarzt berichtete, er habe bei seinem Besuch in Sonnenham keine Mängel festgestellt. Auf Nachfrage von RA Heim erklärte er, es gäbe seit 2003 keinerlei Beschwerden in tierschutzrechtlicher Hinsicht über den Gnadenhof KatzenTRaum. An dieser Stelle endete der nächste Fotoversuch der Klägerin Unterlagen des Tierarztes bildlich mit dem iPad festzuhalten mit einer vom Richter angeordneten Abgabe des iPads an ihren Anwalt.
Puh, nach einer weiteren Zeugin, war damit der Vormittag geschafft und das Gericht gönnte sich und den beiden Parteien immerhin 30 Minuten Mittagspause. Zeit einige von Renate Holland organisierten Butterbrezen zu verzehren!
Als Nächstes trat unsere Betriebsleitung Caro in den Zeugenstand. Sie schilderte in bewegten Worten den Zustand der Katzen nach dem Einzug in den Gnadenhof und gebrauchte dazu das Wort "grauenhaft"! Die Ohren der Katzen seien schwarz aufgrund von Milben und Flohbefall gewesen, die Tiere hätten Schnupfen und drei der Katzen Tumore gehabt.
Die Katzen seien alle viel zu dünn, vier davon richtig dürr und unterernährt gewesen.
Normalerweise würde der Katzentraum grundsätzlich schriftliche Übereignungsverträge abschließen, da aber in diesem Fall die Übergabe als "Nacht und Nebel"-Aktion lief und die Gesundheit der kranken Katzen für den KatzenTRaum im Vordergrund stand, sei hier ausnahmsweise darauf verzichtet worden.
Weiter ging es mit einer Zeugin, die den Klägerinnen eine Einliegerwohnung kostenlos zur Verfügung stellt.
Nun wurde die behandelnde Tierärztin aufgerufen. Sie schilderte in eindringlichen Worten den Gesundheitszustand der Katzen bei der Erstuntersuchung. Drei Katzen seien mit Tumoren betroffen gewesen, dazu kämen bei den meisten Katzen ein Schnupfen, Ohrenentzündungen, abgebrochene Zähne, Polypen, Befall von Würmern und Flöhen, Blasenentzündungen.
Sie betreue den KatzenTRaum seit fünf Jahren medizinisch, dabei sei auch nie eine nötige Behandlung abgelehnt worden.
Den Vorwurf der Klägerinnen, die Tierarztrechnungen wären gefälscht, da die Daten nicht stimmen könnten, wurde von ihr zurückgewiesen.
Als Nächste wurde unsere Angelika aufgerufen. Sie erklärte, aus Facebook von der Suche nach einer dauerhaften Bleibe für die ukrainischen Katzen gehört zu haben. Sie habe beim Vorstand des Katzentraums über eine Hilfsmöglichkeit nachgefragt und stets mit dessen Einverständnis gehandelt. Zum festgelegten Termin habe sie am Ankerzentrum in München zwei Katzen übernommen. Dabei habe sie auch ein Gespräch mit den Klägerinnen geführt. Dabei sei von ihr klar kommuniziert worden, dass es sich um einen sogenannten Endplatz für die Katzen handeln würde.
Ein weiterer Zeuge, Vorstand des Bunds der Katzenfreunde, schilderte die schwierige Situation bei der Übergabe im Ankerzentrum. Seine Organisation hätte selbst zehn Katzen übernommen, von einer lediglich zeitweisen Überlassung sei hierbei nie die Rede gewesen.
Dann folgte eine Zeugin, die erklärte, die Klägerin sei als große Tierschützerin und Aktivistin in der Ukraine bekannt. Diese habe zu ihr Kontakt aufgenommen und ihr Problem geschildert. Sie habe ihr Fotos gezeigt auf denen die Katzen gesund ausgesehen hätten und dazu als Vergleich Fotos aus dem KatzenTRaum auf denen die Tiere sehr krank und schlecht aussahen. Darauf habe sie ihr geraten, zur Polizei zu gehen.
Während es draußen bereits dunkelte, kam der nächste Zeuge zu Wort. Er habe sich als Helfer in der Ukrainehilfe engagiert und notwendiges Material und Lebensmittel in das Kriegsgebiet gefahren. Auf dem Rückweg habe er von den Klägerinnen gehört und sei bereit gewesen, diese mit ihren Katzen mit nach Deutschland zu nehmen. Als er dann zur vereinbarten Zeit in Krakau erschienen sei, wollten die Klägerinnen plötzlich nicht mehr mit ihm fahren. Sie erzählten ihm, es wären in München auch bereits neue Eigentümer für die Tiere gefunden worden.
Interessanterweise erklärten die Klägerinnen, sie würden den Zeugen überhaupt nicht kennen, erst später kam wohl die Erinnerung zurück. Denn plötzlich wurde als Grund für die abgesagte Mitreise gesagt, der Zeuge sei nachts in ihrem Schlafzimmer erschienen. Der Wahrheitsgehalt dieser "Erscheinung" darf zumindest angezweifelt werden.
Eine kurze Pause wurde nun vom Richter genutzt um zuhause Bescheid zu geben: "Das Abendessen verschiebt sich, ich komm wohl erst zur Tagesschau heim".
Kurz vor 18:00 Uhr wurde dann der vorletzte Zeuge aufgerufen. Es handelte sich um einen Tierarzt aus Sauerlach, der sich an die Klägerin erinnern konnte. Diese wäre mit einer Katze bei ihm gewesen, die er auch behandelt habe. An eine Anfrage, ob er mehrere Katzen auf Dauer betreuen könne, kann er sich nicht erinnern. Er hätte dies auch abgelehnt.
Und, oh Wunder, schon durfte die letzte Zeugin ihre Aussage machen. Sie ist Mitglied im Bund der Katzenfreunde und war zu dem Übergabetermin im Ankerzentrum ebenfalls anwesend. Auch sie bestätigte, dass die Abgabe der Katzen eine endgültige war. Mehr konnte sie aber nicht aussagen.
Ja und damit war der Zeugenmarathon geschafft! Nachdem nun die Beweisaufnahme abgeschlossen erhielten beiden Parteien sozusagen das letzte Wort.
Anschließend erfolgten die Anträge beider Anwälte. Es blieb dabei, der Klage auf Herausgabe steht ein Antrag auf Klageabweisung entgegen.
Der Richter verkündete folgenden Beschluss: "Der Termin zur Verkündung der Entscheidung wird bestimmt auf Freitag, den 17. Februar 2023"!
Damit endete die mündliche Verhandlung nach zehneinhalb Stunden um 19: 30 Uhr! Die meisten Lichter im Landgericht waren schon gelöscht als optimistische, aber etwas erschöpfte KatzenTRäumer das Gebäude verließen. Es war ein langer Tag, aber für den Kampf um eine möglichst glückliche Zukunft von Mascha, Tosha und Margosha war er jede Mühe wert.
Am 17. Februar wurde sodann das Urteil verkündet und ging den Beteiligten schriftlich zu. Die Klage auf Herausgabe der Katzen wurde vom Gericht vollumfänglich abgewiesen. Die Klägerinnen haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
In einer neunseitigen Urteilsbegründung legte der Richter auch unter Verweis auf entsprechende Rechtsprechung dar, dass die Forderung auf Rückgabe der Katzen rechtlich nicht nachvollziehbar sei. Allerdings bestehe für die Klägerinnen natürlich die Möglichkeit, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Wir gehen alle davon aus, dass die Klägerinnen - erneut auf Kosten des deutschen Staates - gegen uns klagen werden. Dann in München, vor dem Oberlandesgericht, in einer Berufungsverhandlung.
Schlussendlich bleibt die Ansage des Richters während der Verhandlung: „Wenn dieser Streit weiter geht und eventuell vor dem Oberlandesgericht landet, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass bis zu einem endgültigen Urteil alle betroffenen Katzen bereits über die Regenbogenbrücke gegangen sind!“
Für uns bedeutet dieses Urteil aus Traunstein aber, dass Tosha, Margosha und Mascha weiter ihr Leben in unserem Gnadenhof genießen dürfen. Und das natürlich bei liebevoller Pflege und bester medizinischer Betreuung!